Von den KlientInnen gut angenommen

Ambulante Soziotherapie im Erthal-Sozialwerk

Seit 2019 gibt es im Erthal-Sozialwerk das Angebot der so genannten Soziotherapie. Sie ist ein niederschwelliges Angebot für Menschen mit psychischer Erkrankung. Ziel ist es unter anderem, stationäre Klinikaufenthalte zu verhindern oder zu verkürzen und die Klient*innen bei dabei zu unterstützen, ärztliche oder therapeutische Hilfen in Anspruch zu nehmen. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Nachfrage weiter gestiegen.

An manchen Tagen verlässt Frau A. ihre Wohnung nicht. Die von ihrem Arzt verordneten Medikamente liegen unberührt auf einer Anrichte. Termine beim niedergelassenen Psychiater hält sie nicht ein, es fehlt ihr Kraft und Motivation. Ihr Ehemann hat sich scheiden lassen, zu den Kindern ist der Kontakt sehr unregelmäßig, der Freundeskreis hat sich weitgehend aufgelöst. Seit Jahren wechseln sich ambulante und stationäre Behandlungsphasen ab. Frau A. fühlt sich ohnmächtig, hilflos und einsam. Seit Corona ist das noch viel schlimmer geworden. Eine erneute Einweisung in die Psychiatrie scheint unvermeidbar.

An dieser Stelle setzt die Ambulante Soziotherapie an. Diese Leistung der gesetzlichen Krankenkassen wird von Psychiater*innen, Nervenärzt*innen und Psychotherapeut*innen verordnet. Sie soll schwer psychisch kranke Menschen vor einem Klinikaufenthalt bewahren, beziehungsweise diesen verkürzen und die Patient*innen dazu befähigen, ärztliche Empfehlungen zu akzeptieren und selbstständig in Anspruch zu nehmen. Leistungserbringer sind Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen und Fachkrankenpfleger*innen für Psychiatrie.

Im Erthal-Sozialwerk bieten wir die Ambulante Soziotherapie seit August 2019 an. Mitten in der Aufbauphase wurden auch wir von Corona etwas ausgebremst. Und doch konnten wir bereits im ersten Jahr ca. 30 Patient*innen betreuen. Die betreuten Personen nahmen die soziotherapeutische Begleitung sehr gut an.

Durch die Motivierung zur regelmäßigen ambulanten ärztlichen Behandlung, eine bessere Krankheitseinsicht, die Reflexion der Medikamenteneinnahme und praktische Unterstützung in vielen Themenfeldern, konnten wir bei vielen Patient*innen für eine merkliche Stabilisierung sorgen. Denn gerade in psychischen Krisen fehlt es den Klient*innen an Kraft und Ausdauer, um ärztliche und nichtärztliche Hilfe konkret in Anspruch nehmen zu können.

Aber auch die Arbeit im häuslichen und sozialen Umfeld, aktive Hilfe und Begleitung in psychischen Krisen und die Anleitung zur besseren allgemeinen Motivation, Belastbarkeit und Ausdauer sind Beispiele für das Leistungsangebot der Soziotherapie. Soziotherapeut*innen arbeiten aufsuchend, sodass Ängste durch das niedrigschwellige Angebot erst gar nicht entstehen. Vertrauensbildung ist das wichtigste Kriterium der Soziotherapie.

Im Erthal-Sozialwerk ist die Ambulante Soziotherapie in den Wohnverbund eingegliedert. Zurzeit haben drei Mitarbeiter*innen (im Bild: Daniela Hillenbrand und Josef Ehrlich), die über langjährige stationäre und ambulante psychiatrische Berufserfahrung verfügen, die nötige Zulassung durch die Krankenkassen. Die rege Nachfrage, Corona-bedingt ohne aktive Akquise durch uns, lässt eine zukünftige Ausweitung des Teams erwarten.

Durch die enge organisatorische und personelle Verzahnung mit dem Wohnverbund können Ressourcen zum beiderseitigen Vorteil genutzt werden. Über die fünf Probestunden ist es möglich relativ kurzfristig in eine Ambulante Soziotherapie einzusteigen. Das schafft die Möglichkeit, auch Menschen, die am Ambulant Betreuten Wohnen interessiert sind, schnell ein Angebot der Betreuung zur Verfügung stellen zu können.

Auch Frau A. geht es heute sehr viel besser. Der stationäre Aufenthalt konnte vermieden werden. Dem behandelnden Psychiater gelang es, sie zu einer Ambulanten Soziotherapie zu überreden. Dank der behutsamen und umsichtigen Vorgehensweise der Soziotherapeutin konnte Frau A. Vertrauen fassen und die speziell auf sie zugeschnittenen Angebote annehmen. Heute ist sie dankbar, dass sie diesen Schritt getan hat.